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Bisweilen wiegen sich soziale Netzwerke in Sicherheit: Global Player wie Facebook, Twitter und Snapchat sehen sich trotz verschärfter EU-DSGVO und zunehmenden Datenschutzdebatten kaum mit rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert. Umso überraschender war die Meldung, dass Facebook zu einem Bußgeld wegen seiner Nachlassverwaltung verurteilt wurde. Die Folgen der 10.000 Euro harten Strafe sind ungewiss, könnten jedoch wegweisend sein.

Facebook zu Bußgeld wegen Nachlassverwaltung verurteilt

Facebook zu Bußgeld wegen Nachlassverwaltung verurteilt / Photo by Tim Bennett on Unsplash

Trauer trifft Marktmacht

Das Internet vergisst nie – dem Großteil der User ist dieses Dogma bekannt. Dessen Umfang ist jedoch kaum bewusst. Nur wenige Menschen machen sich zum Beispiel über den Verbleib ihrer Posts und Tweets nach ihrem irdischen Dasein Gedanken. Welche Komplikationen eine „digitale Erbschaft“ mit sich bringen kann, müssen die Eltern eines 2012 verstorbenen Mädchens erfahren. Die damals 15-Jährige war aktives Mitglied bei Facebook, und obgleich der Konzern Informationen in Form von gespeicherten Chatverläufen, Likes und Posts über der Hergang des Todes liefern könnte, weigert sich dieses, den Eltern Auskünfte zu geben.

Im Raum steht der Verdacht, dass das Mädchen nicht Opfer eines Unfalls wurde, sondern Suizid begann. Das Bedenken der Eltern scheint berechtigt. So urteilte das Berliner Landesgericht im Jahre 2015, Facebook müsse den digitalen Nachlass des Mädchens ebenso wie einen analogen verwalten – und ihn den Eltern unverzüglich aushändigen. Das Netzwerk legte Widerspruch ein. Nach zwei aufreibenden Verhandlungsjahren ruderte das Berliner Landesgericht zurück: Die Kommunikation mittels eines Facebook-Accounts unterliege dem Fernmeldegeheimnis, die Privatsphäre sei zu respektieren.

 

Bis dass der Tod uns scheidet …

Weitere zwei Jahre später geht der Rechtsstreit in die nächste Runde: Erneut klagten die Eltern – diesmal vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die höchste Instanz der heimischen Justiz urteilte, dass Facebook die Daten der Verstorbenen auszuhändigen habe. Der Konzern sträubte sich und verwies auf den Kontozustand: In dem sogenannten passiven Modus, könne kein Zugriff auf das Konto erfolgen. Facebook hatte den Modus eingeleitet, nachdem es durch einen User über den Tod des Mädchens unterrichtet wurde.

Dennoch scheint es Mittel und Wege zu geben, den Nachrichtenverlauf posthum aufzudecken: Um sich dem BGH zu beugen, händigte Facebook einen USB-Stick mit einem 14.000 Seiten umfassenden PDF-Dokument aus. Den Eltern ist mit diesem Schritt allerdings nicht geholfen. Als Nicht-Analysten sieht sich das Paar mit dem Umfang der Daten überfordert und verlangt nach wie vor einen direkten Zugriff auf Nachrichtenverlauf und Timeline ihrer Tochter. Erneut entscheidet der BGH zugunsten der Hinterbliebenen! Nach jetzigem Stand muss das Netzwerk nicht nur den Kontozugriff ermöglichen, sondern ebenso ein Bußgeld in Höhe von 10.000 Euro für seine Nachlassverwaltung zahlen. Ob mit diesem Urteil Trauer- und Gerichtsprozess endlich einen Abschluss finden, bleibt abzuwarten, denn eine Stellungnahme des sozialen Netzwerkes, welches „mit den Eltern fühle“, liegt noch nicht vor.

 

Autor: Jan Lauer

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